Da die Planungen des Windparks Ildehausen auf forstlich genutzten Flächen stattfinden, möchten wir die Thematik „Wind im Forst“ an dieser Stelle einmal grundsätzlich beleuchten. „Projektspezifische Informationen“ erhalten Sie unter dem gleichnamigen Reiter.

Zustand des Waldes in Deutschland

Wälder sind komplexe Ökosysteme, die in einer modernen Welt einer Vielzahl von verschiedenen Nutzungsarten gerecht werden müssen. Unter der Schutzfunktion von Wäldern sind Aspekte wie beispielsweise die Regulierung des Wasserhaushaltes, der Schutz vor Lawinen und auch der Artenschutz durch die Bereitstellung von Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten zusammenzufassen. Daneben spielt die Erholungsfunktion eine wichtige Rolle. Häufig wird jedoch vergessen, dass auch Nutzungsaspekte wie die Rohstoffbereitstellung, eine der zentralen Funktionen vieler Wälder ist. Dies gilt insbesondere da, wo ohne wirtschaftliche Einnahmen die Pflege und der Erhalt von Wäldern nicht gewährleistet werden kann.

Die gravierenden Auswirkungen des Klimawandels auf den deutschen Wald, haben insbesondere in den vergangenen vier Jahren überregional deutlich zugenommen. So hängt das „Waldsterben“ direkt mit der Zunahme von Extremwetterereignissen (Stürme und Trockenheit) zusammen und hat gravierende Auswirkungen auf die Baumartenverteilung der einzelnen Forstgebiete. Dies geht auch aus dem  jüngsten Waldzustandsbericht hervor. So ist die Fichte als „Brotbaumart“ der deutschen Forstwirtschaft auf vielen Standorten fast vollständig ausgefallen und die i.d.R monokulturartig angebauten Reinbestände sind vielerorts flächig geräumt worden. Diese riesigen unbestockten Kalamitätsflächen ziehen wiederum Waldschutzrisiken wie die Vermehrung von Schadorganismen oder eine reduzierte physikalische Stabilität des restlichen Forstbestandes (Windanfälligkeit) nach sich, wodurch weitere „Waldverluste“ in der Zukunft zu erwarten sind.

Abbildung 1: Blick vom Sportplatz Ildehausen Richtung Westerhöfer Bergland (17. Aug. 2022)

Der Zustand des Forstes südlich von Ildehausen im „Westerhöfer Bergland“, weist einen enorm hohen Anteil an Kalamitätsflächen auf. Diese Flächen waren vorrangig mit der Baumart Fichte bestockt, die in den vergangen Jahren großflächig ausgefallen ist.

Aufgrund der gravierenden Schadsituation im Westerhöfer Bergland, sind im gesamten Forstgebiet riesige Freiflächen entstanden. Infolge der Entfernung der beschädigten Bäume geht das waldtypische Bestandsinnenklima verloren und entwickelt sich zu einem Freiflächenklima (Hitze am Tag, Kälte in der Nacht). Durch die fehlende Beschattung des Waldbodens ist die Etablierung der Waldverjüngung gestört und die entstehende Konkurrenzvegetation erschwert die Entwicklung des zukünftigen Baubestandes.

Abbildung 2: Forst bei Ildehausen, (17. Aug. 2022)

Die zurückgeblieben Kahlflächen sind weithin sichtbar (vergleiche Abb. 2) und können von den Forstbesitzern nicht kostendeckend aufgeforstet werden, da zu Zeiten von großen Schadholzmengen regelmäßig die Holzpreise sinken. Den Betrieben fehlen folglich Erträge aus der Holzwirtschaft, um die verheerenden Schäden, die durch den Klimawandel entstanden sind, zu beheben. Um den Wald langfristig zu erhalten und die Aufgaben des Forstbetriebes monetär stemmen zu können, muss der Forstbesitzer seine Geschäftsfelder diversifizieren. Dies ist einer der Gründe, weshalb die privaten Forstbesitzer einer Nutzung der Forstflächen südlich von Ildehausen für die Windenergie forcieren möchten.

Abbildung 3: Waldsterben im Westerhöfer Bergland (17. Aug. 2022)

Insbesondere, wenn man sich vor Augen führt, dass durch die bestehenden Kahlflächen eine Rodung von gesunden Bäumen im genannten Gebiet weitestgehend ausgeschlossen werden kann, erscheint eine umweltschonende und nachhaltige Planung von Windenergieanlagen hier sinnvoll.

Geeignete Standorte für die Nutzung von Windenergie an Land zu finden, wird im Kontext der aktuellen Energiekrise in Deutschland immer dringender. Zunehmend werden bei der Suche gerade in waldreichen Regionen auch Waldflächen in den Fokus gerückt. Da sich insbesondere im mitteldeutschen Raum Waldflächen aus kulturhistorischen Gründen vorranging auf Höhenzügen befinden, bieten diese Standorte durch ihre exponierte Lage natürlicherweise eine bessere Windhöffigkeit gegenüber möglichen Standorten in tieferen Lagen.

Im Rahmen eines Forschungsprojektes zur naturverträglichen Planung von Windenergie im Wald von „bosch & partner GmbH“ wird festgestellt, das Konflikte auf Wald- und Offenlandstandorten zunächst überwiegend dieselben sind. Wald ist damit aus natur- und artenschutzfachlicher Sicht prinzipiell nicht weniger geeignet für die Windenergienutzung als Offenlandstandorte. Insbesondere naturferne Wälder, wie beispielweise Monokulturen aus Fichten und Kiefern, bieten häufig nur eine geringe Bedeutung als Lebensraum und für die Artenvielfalt.

Bei der Standortplanung in Wirtschaftswäldern kann die bereits bestehende Infrastruktur wie Forstwege für die Zuwegung, Verkabelung und Wartung der Anlagen genutzt werden, um die Eingriffe in das Waldökosystem zu minimieren. Gerade in forstwirtschaftlich gut erschlossenen Gebieten lassen sich, unter Einbeziehung der vielfach bereits vorhandenen Zuwegungen, leistungsstarke Projekte auf wenigen Hektaren realisieren. Der aktuelle Flächenbedarf für die Errichtung einer Windenergieanlage beläuft sich inklusive des Ausbaus der Wegenetzes, lediglich auf eine Nutzungsfläche von circa 0,5 ha.

Die planungsrechtlichen Vorgaben für die windenergetische Nutzung von Forsttandorten im Rahmen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gewährleisten eine genaue Betrachtung der Auswirkungen des Vorhabens auf Mensch, Natur und Landschaft. Diese Themen werden detailliert geprüft und müssen, soweit möglich, vermieden und ggf. ausgeglichen werden.

So müssen z.B. die mit dem Bau von Windenergieanlagen im Wald verbundenen Eingriffe gemäß der Vorgabe des § 15 Abs. 2 und 6 BNatSchG kompensiert werden. Die Naturschutzbehörden und Forstbehörden stimmen sich dabei i.d.R. über die Art und den Umfang der Kompensation ab. Diese Ausgleichsmaßnahmen unterstützen den klimastabilen Umbau der verbliebenen geschädigten Forstflächen. Der durch die Windenergienutzung beschleunigte Waldumbau leistet damit einen wertvollen Beitrag sowohl in Hinsicht auf den Erhalt der Wälder als auch in Hinsicht auf das Erreichen der bundesweit vorgeschriebenen Klimaziele.

 

Florian Rössing-Schmalbach

Staatlich geprüfter Forstingenieur

Die wichtigsten Fakten zur Windenergienutzung des „Ildehäuser Forsts“ in Kürze:

  • Im Bergland ist auf den Höhenzügen eine gute Windhöffigkeit zu erwarten
  • Forstflächen, die Witterungsextremen zum Opfer gefallen sind, können einer nachhaltigen Nutzung in Form von Windenergiestandorten zugeführt werden
  • Rodungen sind durch die bestehenden Schäden im Forst südlich von Ildehausen in viel geringerem Umfang nötig als noch vor ein paar Jahren. Gerodete Forstflächen müssen mindestens in gleicher Flächengröße wieder aufgeforstet werden
  • Die Errichtung von Windenergieanlagen auf geschädigten Waldflächen hilft bei den dringend notwendigen Umbaumaßnahmen zu einem klimastabilen Mischwald
  • Pachteinnahmen aus der Windenergienutzung sind konstante Einnahmen für die Waldbesitzer, mit dessen Hilfe die intensive Pflege der Forstflächen und die Wiederaufforstung von Kalamitätsflächen erst gewährleistet werden kann.
  • Die Kommunen vor Ort profitieren von der Gewerbesteuer und der Kommunalabgabe. Allein durch die Kommunalabgabe werden voraussichtlich jährliche Zahlungen von rund 30.000,- EUR pro Windenergieanlage generiert.